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Maur
14.06.2024
21.10.2024 09:14 Uhr

Schlag gegen die Biodiversität in Maur

Peter Meyer ist enttäuscht vom Kanton und von der Gemeinde Maur.
Peter Meyer ist enttäuscht vom Kanton und von der Gemeinde Maur. Bild: cl
Im Maurmer Aschbach und bei der Stiftung Green Advance herrscht Katzenjammer – aufgrund eines Steuerentscheids wird das hoffnungsvolle Projekt der Wildstauden für Wildbienen aufgegeben. Die Stiftung fühlt sich vom Staat und von der Gemeinde gegängelt.

Auf der Internet-Site der Maurmer Stiftung Green Advance um Peter Meyer steht Unerwartetes: «Wir müssen schliessen.» Wenn man darauf klickt, erscheinen sofort happige Vorwürfe an den Staat, den Kanton Zürich und die Gemeinde Maur: «Die Bevölkerung will es, der Bund, die Kantone und die Gemeinden wollen es. Wir setzen es um. Oder besser gesagt, wir versuchen es, denn der Kanton Zürich und die Gemeinde Maur verhindern es aktiv.»

Rückblende

Vor rund vier Jahren wurde die 41'000 m2 grosse Parzelle im Maurmer Aschbach zum Verkauf ausgeschrieben. Nach einem Bieterverfahren erhielt Peter Meyer, Basler Unternehmer und Förderer der Biodiversität mit einheimischen Wildstauden für bedrohte Wildbienen, den Zuschlag. Und der neue Eigentümer hatte mit dem Land einiges vor. Seine steuerbefreite Stiftung verlegte er dabei von Zug nach Maur, also in den Kanton Zürich.

Er begann, zusammen mit Future Planter eine grosse Anzahl an Wildstauden für verschiedene Regionen der Schweiz anzubauen. Meyer hatte auch die Vision, dass der Aschbach zu einem Zentrum der Biodiversität mit Beobachtungsstationen wird und ein überregionaler Naturhotspot entsteht.

«Der Umzug nach Maur war ein Fehler.»
Peter Meyer

Unentgeltlicher Gemüseanbau Auch Menschen bezog Meyer ein und offerierte sofort Flächen auf dem riesigen Grundstück, wo die Maurmer unentgeltlich Gemüse- oder Blumenbeete bestellen konnten. Tempi passati! «Damit ist es nun vorbei, wir machen den Laden dicht!», wie Meyer gegenüber dieser Zeitung frustriert sagt. Hintergrund ist ein Steuerentscheid des Kantons, der auch mit der Gemeinde Maur abgestimmt wurde.

Heute sagt Meyer: «Der Umzug der Stiftung Green Advance, die am früheren Sitz im Kanton Zug steuerbefreit war, nach Maur war ein Fehler.» Dabei hätte sich der Kanton Zürich just in der Zeit des Umzugs damit gebrüstet, attraktiver für Stiftungen zu werden. Meyer: «Wir haben also geglaubt, dass unser Gesuch um Steuerbefreiung rein formeller Natur sei». Weit gefehlt.

Peter Meyer (rechts) mit Geschäftsführer Daniel Wehrli. Bild: cl

Stiftung stolpert über ihre operative Tätigkeit

Das kantonale Steueramt teilte der Stiftung mit, dass auch nach Rücksprache mit der Gemeinde Maur, wo es offensichtlich keine Fürsprache gab, die Steuerbefreiung abzulehnen sei. Unerheblich sei, ob ein Gewinn erwirtschaftet werde, allein die Tatsache eines unternehmerischen Handelns stehe einer Steuerbefreiung entgegen.

Gemeindepräsident meldet sich nicht

Wir sitzen bei Peter Meyer und seinem Geschäftsführer Daniel Wehrli im Aschbach. Beide sehen sich ihres Lebenswerks beraubt, und Meyer gibt unumwunden zu Protokoll, dass ihn der Staat hier gängelt und er einfach nicht mehr mag. Es habe seitens der Gemeinde Maur nie eine Kontaktaufnahme zur Stiftung und in den Aschbach gegeben. Meyer: «Anlässlich eines ‹Samstagsgesprächs› hatte mir der Gemeindepräsident Yves Keller gut zugehört und Notizen gemacht und anschliessend gemeint, er würde sich melden, schliesslich suche man auf Gemeindegebiet Projekte, für welche nach der Annahme der Einzelinitiative ‹Für mehr Biodiversität, rettet die Bienen!› Budget vorhanden wäre.» Aber Keller hat sich gemäss Meyer nie gemeldet.

Peter Meyer bot der Maurmer Bevölkerung kostenlos Beete zur Benützung an. Bild: cl
«Die Anpflanzungen werden eingestellt, die Gärtner entlassen – das Haus bleibt möglicherweise als Ferienhaus erhalten.»
Peter Meyer

Reine Lippenbekenntnisse

Daniel Wehrli ergänzt, dass überall nach Biodiversität geschrien werde und Politiker in Wahlkampf sich für diese einsetzen würden. Doch in diesem Fall seien es reine Lippenbekenntnisse. Auf Anfrage teilt uns die Gemeinde Maur mit, dass noch nie eine Einladung seitens der Stiftung an die Gemeindebehörde eingegangen sei und dass anlässlich der Samstagsgespräche der Gemeinde präsident jeweils die zuständige Verwaltungsabteilung mit dem Versuch, bei Bedarf zu vernetzen, einschalte. Weshalb dies im vorliegenden Fall nicht passiert ist, beantwortet die Gemeinde nicht.

Bezüglich Steuerbefreiung verweist die Gemeinde auf die Hoheit des Kantons und schweigt dazu, inwiefern sie sich auf das Ersuchen des Kantons zum Steuerbefreiungsgesuch der Stiftung geäussert hat.

Was passiert mit dem Gelände? Meyer hat faktisch schon aufgegeben. Er bilanziert frustriert: «Die Anpflanzungen werden eingestellt, die Gärtner entlassen – das Haus bleibt möglicherweise als Ferienhaus erhalten.» Wir laufen durch das Grundstück zur Strasse. Schwalbenschwänze tanzen durch die Luft, im Teich springt ein Wasserfrosch vom Blatt, und Libellen streifen Schwertlilien. Doch die Idylle trügt – weil die Gemeinde kein Interesse an ihr hat.

www.green-advance.org
www.futureplanter.ch

Dieser Beitrag ist am 14. Juni 2024 in der «Maurmer Zeitung» erschienen.

Christoph Lehmann, Redaktion «Maurmer Zeitung»