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Maur
01.03.2025
01.03.2025 15:24 Uhr

«Maurmer Post» wird zur Gemeinderats-Post

Aus der einstigen Dorfzeitung wird ein reines Verlautbarungsblatt.
Aus der einstigen Dorfzeitung wird ein reines Verlautbarungsblatt. Bild: Gemeinde Maur / Uster24
Der Gemeinderat hat beschlossen, die «Maurmer Post» zu einer reinen Gemeindepublikation zu machen. Die Stelle der Chefredaktion und die Sitze in der Kommission werden in den kommenden Wochen neu ausgeschrieben.

Im Frühling 2024 kam es nach einem kritischen Artikel über ein Tötungsdelikt in Maur zum Eklat zwischen dem Gemeinderat, dem damaligen Chefredaktor und einem Redaktionsmitarbeiter. Der befristete Vertrag mit dem damaligen Chefredaktor wurde nicht verlängert, der Redaktionsmitarbeiter wurde entlassen (wir berichteten). Die bislang als Kontrollorgan eingesetzte Kommission «Maurmer Post» wurde ausgesetzt, der Gemeinderat hat die Führung übernommen und bestimmt seither darüber, was in der Zeitung erscheint.

Seit dem Eklat wurde viel über die Zukunft der «Maurmer Post» diskutiert. Die Maurmerinnen und Maurer sahen vor allem ihre geliebte Dorfpost in Gefahr. Es gingen mehrere Beschwerden beim Bezirksrat ein und auch das Gemeindeamt musste sich mit dem Fall beschäftigen. Letzteres hielt schlussendlich fest, dass eine Gemeinde keine «investigative Zeitung» herausgeben dürfe und dass Journalisten, die investigativ über die Gemeinde und die Gemeindebehörden berichten, nicht Angestellte der Gemeinde sein könnten.

Gemeindepublikation mit «Forumscharakter»

Nach Einschätzung des Gemeindeamts waren die bisherigen Strukturen der «Maurmer Post» rechtswidrig. Auf Basis dieser Verlautbarung forderte der Bezirksrat den Gemeinderat mit Beschluss vom 11. November 2024 auf, einen juristisch «gangbaren Weg» für die Herausgabe der «Maurmer Post» zu finden.

Dieser Weg sei nun gefunden worden, teilt der Gemeinderat Maur mit. Eine vom Gemeinderat eingesetzte Arbeitsgruppe habe sich unter Beizug von Fachexperten intensiv mit den Strukturen und journalistischen Leitplanken der «Maurmer Post» auseinandergesetzt. Man sei zum Schluss gekommen, dass die «Maurmer Post» zur klassischen Gemeindepublikation mit Forumscharakter werden soll. Die Dorfzeitung soll wie bisher über «relevante gesellschaftliche und politische Themen in der Gemeinde» berichten und «Hintergrund- und Service-Informationen» bieten. Auch sollen weiterhin Leserbriefe abgedruckt werden.

Keine meinungsbildenden Inhalte mehr

Die einzige Neuerung betreffe den redaktionellen Leistungsauftrag. «Die Redaktion muss auf selbst verfasste, meinungsbildende Inhalte zu politischen Geschäften verzichten.» Dies, weil die Berichterstattung über die Arbeit von Behörden und Verwaltung in einer durch Steuergelder finanzierten Zeitung stets ausgewogenen und sachlich zu erfolgen habe. So verlange es die Rechtsordnung.

Die Schärfung des Leistungsauftrags sei Voraussetzung, damit die Gemeinde Herausgeberin der «Maurmer Post» bleiben könne. Und dies wiederum entspreche dem Willen der Bevölkerung, welche sich im Sommer 2023 deutlich gegen eine Privatisierung ausgesprochen hatte.

Neubesetzung von Kommission und Chefredaktion

Beibehalten würden auch die Strukturen. So obliege die Überwachung betreffend Einhaltung der redaktionellen Vorgaben weiterhin der Kommission «Maurmer Post». Im Sinne eines Neuanfangs seien der Gemeinderat und die bisherigen Kommissionsmitglieder übereingekommen, die fünf Sitze in der Kommission neu zu besetzen. Eine entsprechende Ausschreibung erfolge bis Ende März 2025. Bis die Kommission neu aufgestellt und aktiviert sei, behalte der Gemeinderat weiterhin die Aufsicht über die «Maurmer Post».

Nachdem die Rahmenbedingungen für die Herausgabe nun definiert seien, könne der Gemeinderat auch die Stelle der Chefredaktion neu besetzen. Die Ausschreibung erfolge ebenfalls bis Ende März 2025. Bis dahin kümmert sich ein vom Gemeinderat eingesetztes Texter-Team aus Zürich um die Herausgabe.

Verein wollte Herausgabe übernehmen

Der einstige Chefredaktor startete im vergangenen Jahr eine Gegenmassnahme mit einem eigenen Flugblatt, später formierte sich ein Verein, der die «Maurmer Zeitung» lancierte. Allerdings musste die Herausgabe aus finanziellen Gründen bereits nach wenigen Ausgaben eingestellt werden. Seither berichtet der ehemalige Maurmer-Post-Chefredaktor, der im Vorstand des Vereins sitzt, online über seine Wohngemeinde.

Der Verein hatte andere Pläne mit der Dorfzeitung. Vertreter des Vereins reichten Ende 2024 eine Einzelinitiative ein mit der Forderung, dass die «Maurmer Post» künftig über den Verein Maurmer Zeitung herausgegeben und dieser für die Umsetzung von der Gemeinde eine Entschädigung über 275'000 Franken erhalten soll.

Einzelinitiative für ungültig erklärt

Doch dazu kommt es nicht. Der Gemeinderat hat die Einzelinitiative mit Beschluss vom 24. Februar 2025 für ungültig erklärt. Seine Begründung: «Die juristische Prüfung hat ergeben, dass die Einzelinitiative inhaltlich im Widerspruch zu übergeordnetem Recht steht. Die journalistischen Ansprüche und Ziele, wie sie in der Initiative beschrieben sind, dürfen nicht mit öffentlichen Geldern finanziert werden.»

«Einseitige Geschichts-Interpretation»

Die Antwort des Vereins Maurmer Zeitung auf die Pläne des Gemeinderats liess nicht lange auf sich warten. Dieser wirft dem Gemeinderat eine einseitige Interpretation der Geschichte vor. Die Maurmer hätten sich seinerzeit nur deshalb gegen eine Auslagerung der Dorfzeitung gestellt, weil sie die Unabhängigkeit der Dorfzeitung schützen und den Verkauf an einen von kommerziellen Interessen gesteuerten externen Verlag hätten verhindern wollen.

Um amtliche Mitteilungen zu publizieren und gemeinderätliche Meinungen in ein vorgefertigtes Layout zu stellen, brauche es weder einen Chefredaktor, noch ein PR-Büro aus der Stadt Zürich, die den Steuerzahlenden 330'000 Franken pro Jahr koste.

Uster24/bt