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Kultur
08.06.2025

Warum wir Pfingsten feiern

Pfingsten gilt als Geburtsstunde der christlichen Kirche.
Pfingsten gilt als Geburtsstunde der christlichen Kirche. Bild: Adobe Stock
Ein Blick auf die Bedeutung des christlichen Festes und ein Pfingstwort vom reformierten Pfarrer Andreas Weber.

Pfingsten ist eines der drei grossen Feste im Kirchenjahr und wird 50 Tage nach Ostern gefeiert. Es erinnert an ein Ereignis aus der Apostelgeschichte: Laut biblischer Überlieferung kam der Heilige Geist auf die Jünger Jesu herab und erfüllte sie mit neuer Kraft. Sie begannen, in verschiedenen Sprachen zu sprechen und die Botschaft Jesu in die Welt hinauszutragen.

Damit gilt Pfingsten als Geburtsstunde der christlichen Kirche – das Fest markiert symbolisch den Beginn ihrer weltweiten Mission.

Andreas Weber, reformierter Pfarrer in Eglisau, Bildquelle: Kirchgemeinde Eglisau Bild: Kirchgemeinde Eglisau - youtube

Pfingsten: Fest des Heiligen Geistes

An Pfingsten feiern Christen, dass Gott die Menschen mit heiligem Geist beschenkt. Doch was kann mit heilig gemeint sein?

Was heilig gehalten wird, ist eine Konvention unter Menschen. Das können Orte, Zeiten, Gegenstände oder Verhaltensweisen sein, oder im Fall von Pfingsten eben Geist. Das Gegenstück zu heilig ist profan. Das meint wörtlich: vor dem heiligen Ort (pro fanum).

Profanes ist alltäglich und nicht als etwas Heiliges ausgesondert. Heiliges ist nicht alltäglich. Heiliges ist besonders und nicht selbstverständlich gegeben.

Heiliger Geist, auf diese Weise bedacht, ist also nicht der alltägliche Geist, der zu unserem Menschsein gehört. Dies wird augenfällig anhand der Aufzählung der Wirkungen des heiligen Geistes im Neuen Testament: Die Frucht des Geistes ist Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Güte, Rechtschaffenheit, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung (Gal 5,22).

Auch wenn wir uns homo sapiens nennen, die Weisheit des uns innewohnenden Geistes ist nicht heilig. Es ist leider nicht schwierig, Beispiele dafür zu finden.

Wird das Vorzeichen bei der vorgängigen Aufzählung umgekehrt, tragen die Wirkungen des unheiligen Geistes etwa folgende Bezeichnungen: Hass, Leid, Krieg, Getriebenheit, Bosheit, Rechtsverdrehung, Untreue, Härte und Unbeherrschtheit.

Um solche Geistesleistungen zu sehen, müssen wir weder die derzeitige amerikanische Regierung bemühen, noch die Kriegstreiberei im Osten. Der profane, nicht heilige Geist lebt auch an uns. Wirksam als ein nicht gehaltenes Ja oder Nein, ein Verdrehen der Wahrheit zu eigenen Gunsten, ein Schweigen aus Feigheit und ein Schönreden aus Gefallsucht. Unser Antrieb ist profan. Wir brauchen heiligen Geist.

Möge Gott uns viel mehr davon schenken, so dass künftige Generationen einmal kopfschüttelnd auf unsere Zeit zurückschauen und nicht mehr verstehen, wie wir Menschen je soviel Geist- und Wirtschaftskraft für Krieg verschleudert haben.

Andreas Weber, evang.-ref. Pfarrer aus Eglisau

Züriunterland24/pw