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04.09.2025
04.09.2025 20:52 Uhr

«Ich fühle mich vom GZO im Stich gelassen»

Aus den Augen aus dem Sinn? GZO-Mitarbeitende fürchten um ihr Geld. (Symbolbild)
Aus den Augen aus dem Sinn? GZO-Mitarbeitende fürchten um ihr Geld. (Symbolbild) Bild: AdobeStock
Im Zusammenhang mit dem GZO-Skandal ist vor allem von Anleihegläubigern und von Lieferanten die Rede. Dabei geht unter, dass auch etliche GZO-Mitarbeitende geschädigt wurden und bis heute auf ihr Geld warten. Eine betroffene Person erzählt von ihrem Schicksal und warum sie hofft, dass nächste Woche ein neuer Sachwalter gewählt wird.

Rückblende: Im Februar 2024 teilte die GZO AG mit, dass sie aus Spargründen 7% bzw. 60 Stellen abbauen müsse (wir berichteten). Ganz so viele sollen es dann aber nicht gewesen sein, wie das GZO auf Anfrage von Zürioberland24 sagte.

Eine der entlassenen Personen, die anonym bleiben möchte, ist P.F. (Name von der Redaktion geändert). P.F. wurde die Kündigung aus Spargründen mit Freistellung ausgesprochen. «Die Kündigung kam völlig unerwartet, ich war total vor den Kopf gestossen», erinnert sich P.F.

Keinen Lohn mehr bekommen

Mit der Kündigung begann ein langer Leidensweg für P.F., der bis heute andauert. Denn P.F. wurde nicht bloss gekündigt. Ab dem Datum der Nachlassstundung blieben auch die Lohnzahlungen bis zum Ende des Anstellungsverhältnisses aus. Die Begründung der GZO-Personalabteilung gegenüber P.F.: Man dürfe aufgrund der laufenden Nachlassstundung keine entsprechenden Auszahlungen tätigen.

«Von heute auf morgen hatte ich kein Einkommen mehr, aber Rechnungen wie Krankenkasse und Miete musste ich natürlich trotzdem zahlen», sagt P.F. Das gehe nur, weil P.F. aus dem privaten Umfeld Unterstützung erhalte und etwas Erspartes habe. «Man fühlt sich machtlos, ausgeliefert und ich bin entsetzt, dass ehemalige Angestellte, die sich über Jahre für das GZO engagiert haben, so behandelt werden. Während Berater und Sachwalter Riesengagen kassieren und die Verwaltungsräte ihre Honorare bekommen, sind gekündigte GZO-Mitarbeiter in existenzielle Nöte geraten.»

«Während die Berater und Sachwalter Riesengagen abkassieren und auch die Verwaltungsräte ihre Honorare bekommen, sind gekündigte GZO-Mitarbeiter in existenzielle Nöte geraten.»
P.F.

GZO zahlte PK- und AHV-Beiträge nicht

Als wäre das alles nicht schon genug, fand P.F. Monate nach der Kündigung heraus, dass das GZO seit der provisorischen Nachlassstundung keine Pensionskassen- und AHV-Beiträge mehr eingezahlt habe. «Hätte ich in der Zeit einen Unfall gehabt und wäre zum Beispiel invalid geworden, wäre ich nicht versichert gewesen. Das hat mir komplett den Boden unter den Füssen weggezogen.»

Um wenigstens risikoversichert zu sein, zahlte P.F. nicht nur den eigenen Anteil, sondern auch die Arbeitgeberbeiträge aus der eigenen Tasche ein. Sechs Monate nach Austritt aus dem GZO habe P.F. zudem feststellen müssen, dass bei der Pensionierung keine Rente mehr von der Pensionskasse zu erwarten gewesen wäre, da mit null Einkommen die Eintrittsschwelle in die Pensionskasse nicht erreicht sei. «Die Pensionskasse war im Begriff, mein angespartes Pensionskassengeld auf einem Freizügigkeitskonto zu blockieren oder auszuzahlen. Seither zahle ich monatlich mit einem fiktiv berechneten Einkommen eine Risikoprämie, inkl. Arbeitgeberanteil, damit bei der Pensionierung doch noch eine Pensionskassenrente ausbezahlt wird.»

«Ich erkenne meinen einstigen Arbeitgeber nicht wieder.»
P.F.

GZO geht nicht auf Fragen ein

Zürioberland24 hat die GZO AG mit den Aussagen von P.F. und einem Fragenkatalog konfrontiert, unter anderem, ob es korrekt ist, dass gekündigten Mitarbeitenden keine Pensionskassenbeiträge mehr einbezahlt werden und ob Mitarbeitende, denen unter der laufenden Nachlassstundung gekündigt wird, Ähnliches befürchten müssen oder bereits betroffen sind.

Auf die einzelnen Fragen ging das GZO nicht ein. Vielmehr gab es folgende Pauschalantwort: «In einem Unternehmen mit 900 Mitarbeitenden, wie dem GZO, kommt es regelmässig zu personellen Veränderungen. Entlassungen sind stets eine schwierige Entscheidung, die nicht leichtfertig getroffen wird. Wir legen grossen Wert darauf, unseren Mitarbeitenden in solchen Situationen bestmöglich zu unterstützen. Die aufgrund der Sparmassnahmen entlassenen Mitarbeitenden wurden bei der Stellensuche von uns begleitet. Nebst den im Rahmen der Sparmassnahmen ausgesprochenen Entlassungen ist es im letzten Jahr auch zu Kündigungen aus anderen Gründen gekommen, was bei einem Betrieb der Grösse des GZO nicht aussergewöhnlich ist. Auf Einzelheiten können wir zum Schutz der Persönlichkeit unserer (ehemaligen) Mitarbeitenden sowie aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht eingehen.»

Aus rechtlicher Sicht sei zu beachten, dass während einer Nachlassstundung keine Lohnzahlungen mehr an freigestellte Mitarbeitende erfolgen dürften. Eine Nachlassstundung führe aber grundsätzlich nicht dazu, dass das Arbeitsverhältnis mit (gekündigten) freigestellten Mitarbeitern endet oder dass vertragliche Ansprüche der freigestellten Mitarbeitenden aus dem Arbeitsverhältnis dahinfallen würden. «Solche Forderungen werden bei einer erfolgreichen Sanierung in der Regel zu einem späteren Zeitpunkt ausbezahlt. Gelingt die Sanierung nicht, können solche Forderungen im Insolvenzverfahren als (gegebenenfalls privilegierte) Nachlassforderungen angemeldet werden.» Die betroffenen Mitarbeitenden seien über diese Rechtslage umfassend informiert worden.

Darauf angesprochen, ob P.F. bei der Stellensuche unterstützt worden sei, sagt P.F.: «Überhaupt nicht! Bis auf den Hinweis auf den Insolvenzantrag, den ich stellen müsse und auf ein spätes Schreiben bezüglich Risikodeckung, hat mich die Personalabteilung nie kontaktiert und schon gar nicht begleitet. Ich fühle mich vom GZO im Stich gelassen. Ich erkenne meinen einstigen Arbeitgeber nicht wieder. Das GZO hat meine finanzielle Existenz bedroht und beinahe auch meine Pensionskassenrente.»

«Wir müssen um unsere vertraglich zustehenden Lohnforderungen fürchten.»
P.F.

Was macht eigentlich der Verein Pro GZO?

P.F. kann nicht verstehen, dass nicht alle Hebel in Bewegung gesetzt werden, um den betroffenen Mitarbeitern zu ihrem Geld zu verhelfen. «Wozu wurde eigentlich dieser Verein Pro GZO gegründet? Der wollte sich doch unter anderem für die GZO-Mitarbeiter einsetzen. Vom gross angekündigten Verein mit prominentem Vorstand hat man nie mehr etwas gehört», sagt P.F. ironisch.

Auf Anfrage von Zürioberland24 beim Verein gab es diese Antwort: «Aktuell stehen wir in der Planung von Diversem. Ihre Fragen beantworten wir Ihnen gerne zu einem späteren, für uns passenderen, Zeitpunkt.»

P.F. dazu: «Der Verein Pro GZO ist nur eine von vielen PR-Aktionen vom GZO, um von den eigentlichen Problemen abzulenken. Bis heute haben es weder die GZO-Führung noch der neue Verwaltungsrat geschafft, substanzielle Verbesserungen herbeizuführen.»

«Das GZO ist nicht der Freund vom Zürcher Oberland. Das GZO hat dem Zürcher Oberland geschadet.»
P.F.

Hoffen auf Gläubigerversammlung

Für P.F. und viele andere Gläubiger hat die Gläubigerversammlung von nächster Woche eine zentrale Bedeutung. «Es braucht einen neuen unabhängigen Sachwalter, der die Interessen aller Gläubiger vertritt, nicht nur die von GZO und Aktionärsgemeinden.»

Vom Sanierungskonzept und der von der GZO angekündigten «Schärfung» des Konzepts hält P.F. nichts: «Der 50-Millionen-Kredit ist ein Tropfen auf den heissen Stein. Er wird das GZO nicht retten. Das GZO ist nicht der Freund des Zürcher Oberlands – das GZO hat dem Zürcher Oberland geschadet. Den Mitarbeitern, den Lieferanten, den Handwerkern. Von ihnen zu verlangen, auf 70 Prozent ihrer Forderungen zu verzichten, ist eine Frechheit. Das GZO sollte sich schämen.»

Barbara Tudor